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Notes from Outside

Das leise Klopfen der Schneeflocken

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Das leise Klopfen der Schneeflocken

Notes from Outside
/Ausgabe 1

Das leise Klopfen der Schneeflocken

Stephanie Dietze
/Lesezeit: 3 Minuten

Was genau ist ein Abenteuer? Unsere neue Reihe „Notes from Outside“ geht dieser Frage nach, mit packenden Geschichten von Menschen aus unserer Community, erzählt aus ihrer eigenen Perspektive. Denn eine Geschichte, die dich mitnimmt nach draußen und dich den Wind um die Nase spüren lässt, ist fast so gut, wie selbst draußen zu sein. Notes from Outside sind Geschichten von unterwegs, jede so einzigartig und unterschiedlich, wie die Erzählenden selbst. Wir können es kaum erwarten, sie mit euch zu teilen. In unserer ersten Ausgabe darf ich selbst eine Geschichte aus meiner Perspektive erzählen. Sie nimmt dich mit in einen besonders abgelegenen Teil von Patagonien, zu dem Moment einer Abenteuerreise, der mir bis heute magisch vorkommt. Und damit verabschiede ich mich auch schon und wünsche viel Freude mit der ersten Ausgabe von Notes from Outside.

Catherine

Chefredakteurin Notes from Outside

Ich öffne die Augen. Alles ist ruhig.

Nicht das leiseste Geräusch kommt von draußen ins Zelt. Vielleicht bin ich sogar von der Stille aufgewacht? Sie scheint über allem zu liegen. Leise raschelt mein Schlafsack, als ich die Kordel der Kapuze ertaste, das kleine Plastikteil zusammenpresse und meinen Kopf aus dem warmen Kokon in die kalte Morgenluft recke.

Weiß leuchtendes Licht drückt sich durch die Zeltwand, so hell, dass die kleinen Kondenswolken meines Atems fast unsichtbar sind. Und jetzt, da meine Ohren nicht mehr in Daune gepackt sind, höre ich noch etwas anderes. Wenn ich mich nicht bewege und den Atem kurz anhalte sind da ganz leise, zarte Klopfer auf der Zeltwand. Langsam drehe ich mich zur Seite, schaue, ob mein Abenteuerpartner Joschi nach wie vor schläft und öffne vorsichtig den Reisverschluss des Innenzeltes. Dann den der Apsis. Kalte, klare Luft strömt mir entgegen. Mit ihr tanzen kleine, weiße Flocken ins Zeltinnere.

Gestern Abend in der Dämmerung hatten wir mit eiskalten Händen das Zelt aufgebaut. Über eine Stunde Suche nach einem geschützten, ebenen Ort lag da hinter uns. Jetzt waren wir etwas abseits des verschneiten Wegs, aber geschützt durch einige Felsbrocken an der einen Seite und ein paar Büsche auf der anderen. Die meisten Heringe wollten nicht in den steinigen Boden, also beschwerten wir sie mit Steinen und hofften das Beste.

Während ich noch meine Luftmatratze aufpustete, hatte Joschi den Kocher angeworfen. Nudeln mit Pesto, dazu das heiße, salzige Nudelwasser aus der Tasse. Hier draußen, unter diesem ewig weiten Himmel, fühlte sich das an wie ein echtes Sternemenü. In dem Moment konnte ich mir nichts Leckereres vorstellen, während tausende echte Sterne über uns funkelten. Dann schnell in den Schlafsack geschlüpft, überlegt, was ich tun könnte, um meine Füße aufzuwärmen, und noch während dieses Gedankens eingeschlafen.

Jetzt liege ich hier, noch immer im Schlafsack, Beine im Zelt, Oberkörper draußen und lasse mir die Schneeflocken ins Gesicht rieseln. Eine landet genau auf meiner Nasenspitze und ist dann auch schon geschmolzen. Im Zelt regt sich etwas. „Stell dir vor, es schneit!“ rufe ich. „Ist das gut oder schlecht?“ fragt Joschi, noch im Halbschlaf. „Gut natürlich. Aber wir sollten bald loskommen,“ sage ich und bin damit auch selbst wieder in der Realität angekommen. Ich robbe zurück in mein Zelt, öffne meinen Schlafsack, ziehe Jacke und Mütze an, um im geöffneten Vorzelt heißes Wasser für Kaffee zu kochen.

Die letzten ruhigen Minuten, bevor wir den Rest des Tages in Bewegung sind. Aufstehen, Lager zusammenpacken, zurück zum Weg und dann hoffen, dass wir mit unserer Wanderausrüstung über die verschneite Traverse auf die andere Seite des Tals kommen. Falls nicht, werden wir umdrehen, und die Landschaft von gestern nochmal erleben, diesmal mit Schnee bestäubt. Als ich wenig später meinen Schlafsack in seine Hülle stopfe, bemerke ich, dass es mir gar nichts ausmachen würde, wieder umkehren zu müssen. Mein kleines, sehr leises Wunder habe ich schon erlebt.

Text & Fotos: Stephanie Dietze

Stephanie ist Brand Manager bei komoot und Redakteurin von Notes from Outside.

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