Johanneskirche Lindenberg
Johanneskirche Lindenberg
Wander-Highlight
Ort: Lindenberg im Allgäu, Lindau (Bodensee), Allgäu, Schwaben, Bayern, Deutschland
Sedanstr. 18, offen; Parkplatz 100m links Spielermoos:
Einweihung 4.12.1955Wie eine gestrandete Arche liegt sie über Lindenberg: Bullaugenfenster, hochgezogenes Heck und als Galionsfigur ein Turm. Der Eindruck täuscht nicht. Die Johanneskirche will eine Arche sein für Menschen, die es teilweise von weither ins Westallgäu getrieben hat. Nicht zufällig ist der wiederkehrende Christus an der Wand hinter dem Altar von übergroßen Wunden gezeichnet. Er trägt die Verletzungen entwurzelter Menschen und verkörpert zugleich ihre Hoffnung.
Die ersten Evangelischen ankerten, nachdem die Region um Lindenberg 1805 zu Bayern gekommen war und eine neue Verfassung freie Ansiedlung und Religionsausübung erlaubte. Sie fanden natürlich weder eine evang. Kirche noch eine Gemeinde vor. Pfarrer aus Kempten und Wangen machten sich gelegentlich zu Fuß auf, um die verstreuten Familien zu besuchen. Ab Mitte des 19. Jhds. strandeten evang. Gastarbeiter aus Franken, Württemberg und Sachsen, die zwischen 1848 und 1853 an der Bahnstrecke München-Lindau bauten. Die meisten sind wieder gegangen, aber es folgten ab 1870 Arbeitssuchende in den Lindenberger Hutfabriken und Käsereien. Mit ihnen keimte das zarte Pflänzlein Gemeinde. Ab 1890 durften jährlich zwölf Gottesdienste in Lindenberg gehalten werden. Seine Königliche Hoheit Prinz Luitpold hatte allergnädigst geruht zu gestatten.
Mangels Geld beschloss der 1901 gegründete „Evangelische Verein Lindenberg - Weiler“ keine Kirche, sondern nur ein Bethaus zu bauen. Am 14. Nov. 1909 eingeweiht, war es bis in die 50er Jahre in Gebrauch. Nach dem 1. Weltkrieg richtete die Gemeinde sogar noch eine Pfarrwohnung darin ein. Eine komfortable Unterkunft, in der aber während des Winters im Amtszimmer gelegentlich die Tinte einfror.
Nach 1945 suchten Tausende Flüchtlinge und Heimatvertriebene eine neue Bleibe und die Gemeinde traf mitten in Mangelzeiten die mutige Entscheidung: Wir bauen eine Kirche. Die Stadt stellte kostenlos das Grundstück zur Verfügung. Das Bethaus wurde zur Finanzierung verkauft.
Der Kirchbau selbst war mit den mangelhaften Nachkriegsmaterialien mühsam und es unterlief ein Baufehler. Der Turm setzte direkt am Kirchenschiff an, das deshalb bei jedem Glockenschlag in Schwingung geriet bis schließlich 1959 während des Gottesdienstes ein großes Stück Deckenputz herunter stürzte. Aber das wusste die Gemeinde zur Einweihung der Kirche noch nicht. Sie war stolz und glücklich über ihre Arche, die jedem Platz bot, der ihn suchte.
31. August 2016
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