Beaufort2021: "There Are Indeed Medium-Sized Narratives“

Bestimmt sind dir unterwegs immer wieder Kunstwerke aufgefallen. Viele dieser Skulpturen sind Teil der Kunst-Triennale Beaufort, die 2021 wieder an vielen Orten an Flanderns Küste stattfindet.

In Middelkerke findest du u.a. zwei Giraffen, die sich größer machen wollen und dazu auf Kühlschränke gestiegen sind („There Are Indeed Medium-Sized Narratives“). An anderer Stelle verwandeln sich im Kunstwerk „Metamorphosis“ Tische in Kröten – oder ist es umgekehrt?

Raphaela Vogels vielfältige künstlerische Praxis verklebt auf den ersten Blick widersprüchliche Medien: Objekte, Skulpturen, Collagen, Malerei, Videos und Musik. Sie beschwört traumhafte Landschaften herauf, die alles andere als eine klare, geradlinige Geschichte erzählen. Ihre Skulpturen hinterfragen mit viel Humor und Unbeschwertheit große Ideologien wie Imperialismus oder Kolonialismus. In einer Zeit, in der Skulpturen im öffentlichen Raum international diskutiert werden, ebnet Vogel den Weg für das, was sie „mittlere Erzählungen“ nennt. Es ist die Antwort auf zwei Diskurse: die oft kritisierten großen Erzählungen, die in den Denkmälern dargestellt werden, und die Mikropolitik, die davon ausgeht, dass man die Welt verändern kann, indem man bei sich selbst anfängt. Als Kompromiss zwischen den beiden Diskursen platziert Vogel die mittelgroßen Geschichten: die idealen Nachfolger der verstaubten, überholten Ideologien, die inzwischen ihr Verfallsdatum überschritten haben.

Vogel spielt mit dem uralten Motiv der Kunstgeschichte, bei dem zwei Tiere ein Element, das sie symmetrisch umgeben, beschützen und so das Böse abwehren müssen. Vogel entscheidet sich für Beaufort für zwei Giraffen. Sie versuchen, sich größer zu machen, indem sie auf alltägliche Kühlschränke treten und sie als Sockel benutzen. Mit ihrem nicht bedrohlichen Charakter und ihrem Slogan, der zur Anerkennung mittelgroßer Geschichten aufruft, führen sie eine neue Art von Denkmal ein, ohne Verherrlichung, angemessener für die aktuelle Zeit.

Die Giraffen scheinen sich auf Testerep zu beziehen, die Insel, die vor der Küste lag und der Ostende („Ostende“) ihren Namen gab. Ab dem 15. Jahrhundert wurde die Landzunge überschwemmt und von der Nordsee besetzt. Noch heute zeugen angespülte Fossilien von der damaligen Aktivität von Mensch und Tier. Ob Giraffen tatsächlich Testerep durchstreiften, ist (noch) nicht bekannt. Vogel überlässt das ganz der reichen Fantasie des Betrachters.

Quelle: beaufort21.be/kunstenaars/raphaela-vogel

Kunst an der Küste. Hier gibt es viel zu sehen. Mal versteckt mal von weiten zu sehen.