Sabina Grzimek, Liegendes Paar, 1981

Inmitten des „Prater Garten“, dem ältesten Biergarten Berlins, befindet sich die Bronzeplastik Liegendes Paar von Sabina Grzimek (*1942). Das Paar scheint über dem Boden zu schweben und fügt sich harmonisch in die Umgebung aus alten Kastanien, Linden und Platanen ein.
Die Frau liegt auf dem Rücken, hat die Beine angewinkelt und die Hände auf den Bauch gelegt. Die Haare liegen nach oben hin ausgebreitet auf einem imaginären Boden, auf dem die Plastik in der Vorstellung des Betrachters aufliegen soll. Ihre Augen scheinen geschlossen 􏰧 vielleicht ein Ausdruck des In-sich-gekehrt-Seins? Der Mann hinter ihr liegt auf der Seite, stützt sich mit seinem rechten Arm vom gedachten Boden ab. Seine linke Hand berührt fast ihren Oberschenkel, doch schwebt auch sie in der Luft. Sein nachdenklicher Blick geht über seine Partnerin hinweg. Die naturnahe Darstellung des Paares ist leicht abstrahiert, was an der Ausarbeitung einzelner Gliedmaßen wie Armen oder Füßen deutlich wird. Noch auffälliger ist die für Grzimek typische, modellierte Oberfläche der Plastik. Eine mögliche innere Bewegtheit wird somit sichtbar nach außen getragen. Auch zeigt sich darin die Loslösung von einer allzu glatten, idealisierten Oberflächengestaltung.
Der Mann schaut direkt auf einen Brunnen, der sich neben dem Paar befindet. Auf einem ovalen, säulenartigen Fuß ruht eine Brunnenschale. Fuß und Kuppa 􏰧 die obere Schale eines Trink- oder Taufgefäßes 􏰧 erinnern an einen Kelch oder ein Weinglas. Die Schale weist an der Außenwand Verzierungen mit Noppen und floralen Motiven auf. Brunnen dienen seit Jahrtausenden zur Trinkwassergewinnung und -entnahme oder Bereicherung des Stadtbildes. Als Symbol für eine Quelle ist der Brunnen auf dem Grundstück eines traditionellen Biergartens passend gewählt. Die Kuppa kann in dieser Komposition auch als Taufbecken verstanden werden. Wenn man die Position der Frau und die Haltung der Hände genauer betrachtet, könnte hierin das ungeborene Leben des vor Glück schwebenden Liebespaares angedeutet sein. Das im Zentrum des Brunnenbeckens aus den Düsen eines schirmartigen Dornes heraussprudelnde Wasser kann demnach als Quell des Lebens verstanden werden.
In der thematischen Zuwendung zum Menschen zeigt sich Grzimeks humanistisches Menschenbild. In der naturalistischen Gestaltungsweise spiegelt sich sein Studium bei bedeutenden Vertretern der sozialistisch-realistischen Plastik in der DDR wider: 1962-1967 das Studium an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst Berlin-Weißensee bei Heinrich Drake (1903-1994) und Ludwig Engelhardt (1924-2001) sowie 1969-1972 als Meisterschülerin bei Fritz Cremer (1906-1993) an der Akademie der Künste der DDR. Aber Grzimek geht über die stilprägende Machart ihrer Vorbilder hinaus: Die für sie charakteristische Oberflächengestaltung findet sich auch bei anderen Kunstwerken.

Sehr schöne Skulptur von Sabina Grzimek im Prater.