Mächtige Gebirgszüge der Karpaten wie die Hohe Tatra, die Beskiden und die Sudeten trennen Polen von seinen südlichen Nachbarn Tschechien und der Slowakei. Die Landschaften versprühen einen urigen und wilden Charme, die Ausblicke von den Bergen sind genauso atemberaubend wie die steilen Straßen, die hinauf führen. Eine Reise durch das südliche Polen auf dem Rennrad verspricht anspruchsvolle Steigungen auf schmalen Bergstraßen und zeigt dir Dörfer und Landstriche, in denen die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. In dieser Landschaft spielte sich der Großteil der dritten Ausgabe des Race through Poland ab.

Das Race through Poland ist ein Bikepacking-Rennen im Selbstversorger-Modus. Das bedeutet, dass die Fahrerinnen und Fahrer keine Hilfe von Außen annehmen dürfen. Außerdem müssen sie, bis auf einige vorgegebene Abschnitte – Parcours genannt – ihre Strecke selbst planen. Dabei sind die stark befahrenen Nationalstraßen verboten. Nach dem gemeinsamen Start gilt es, vier festgelegte Kontrollpunkte und das Ziel zu erreichen. Da die Uhr niemals aufhört zu ticken, ist man vor allem darauf bedacht, so wenig wie möglich anzuhalten. Dadurch fährt man oft bis tief in die Nacht. Da die dritte Ausgabe des Rennens Ende September stattfand, waren die Tage dementsprechend kurz und die Nächte kalt.

Obwohl Polen von Deutschland aus wirklich schnell erreichbar ist, war ich bisher selten dort. Nachdem mein großes Ziel, das Transcontinental Race No. 8, aufgrund der weltweiten Pandemie ein zweites Mal verschoben worden war, meldete ich mich relativ kurzfristig beim Race through Poland an. Gefahren bin ich das Rennen auf meinem Specialized Roubaix mit 32 Millimeter breiten Reifen. Damit sind auch die oft sehr schlechten Straßen und der ein oder andere Schotterweg verkraftbar. Ich hatte einen Schlafsack und eine Isomatte dabei. Letztlich brauchte ich sie nicht, da ich zwei Nächte einfach durchfuhr und in den anderen Nächten zur richtigen Zeit ein Zimmer fand. Trotzdem hätte ich sie nicht missen wollen – allein schon wegen der beruhigenden Gewissheit, flexibel bei der Wahl des Schlafplatzes zu sein.

Ich war vorher schon mehrere Langstrecken-Rennen gefahren, die teilweise um ein Vielfaches länger waren, aber trotz seiner verhältnismäßig kurzen Distanz von knappen 1.500 Kilometern war das Race through Poland für mich eines der härtesten. Ein Faktor dabei ist sicherlich der teils katastrophale Zustand der Straßen, die dich ordentlich durchrütteln. Neben einigen von Schlaglöchern übersäten Pisten ging es zweimal über längere Schotterabschnitte. Einer davon war Teil eines vorgegebenen Abschnitts, den anderen hatte ich bei der Routenplanung bewusst in Kauf genommen, um einige Kilometer einzusparen. Das Ganze wird außerdem schwieriger gemacht durch die unzähligen steilen Anstiege. Piko, der Kopf hinter dem Rennen, hatte eine diebische Freude daran, uns über einige der fiesesten Straßen des Landes zu schicken. Auch drei Monate später fühlte ich noch meine Achillessehnen und meine Fingerkuppen waren teilweise taub. Erst etwa um Weihnachten herum hatte ich mich vollständig erholt. Einige der Fotos in dieser Collection sind von Tadek Ciechanowski und Adrian Crapciu.