Militärwege, Festungen und Tunnel – Graveln zwischen Frankreich und Italien

Hoch in den südlichen Westalpen, an der Grenze zwischen Frankreich und Italien, befinden sich alte Festungen, Tunnel und Militärsiedlungen, die vor Hunderten von Jahren den Frieden in der Region sichern sollten. Die Bauwerke hielten den Feind lange Zeit in Schach, bis die Italiener 1940 über die Berge bei Montgenèvre in Frankreich einfielen. Aufgrund des Drucks, den die Faschisten und insbesondere die deutsche Armee auch in anderen Schlachten im Land ausübten, kapitulierte Frankreich und fiel in die Hände der Besatzer.

Nun, da sich der Klang der Schüsse lang verzogen hat, verschmelzen die Festungen langsam mit der Alpenlandschaft, aber die Militärwege liegen immer noch an der Oberfläche. Sowohl auf französischer als auch auf italienischer Seite ziehen sich kilometerlange unbefestigte Wege durch das Grenzgebiet. Wo sich einst Truppen bewegten und Kanonen hoch oben in den Bergen in Stellung gebracht wurden, ist dieses Wegenetz heute eine Quelle unzähliger Gravelrouten durch das Hochgebirge der französischen und italienischen Alpen.

In dieser Collection stelle ich dir wunderbare Runden durch die hohe und schroffe Alpenlandschaft vor. Die meisten haben eine militärische Geschichte, wie die Durchquerung des Tunnel du Parpaillon, der Anstieg auf den Col du Granon, die Route entlang der alten Festungen von Briançon und die kilometerlange italienische Militärstraße Strada dell'Assietta. Diese Tagestouren kannst du vollständig fahren. Auf anderen Abschnitten der Routen, wie dem Col de Péas, dem Col de la Pisse und dem Col des Rochilles, kannst du die Pässe nur überqueren, wenn du ein Fahrrad auch mal schiebst oder trägst.

Die Routen haben eines gemeinsam: Sie führen durch eine alpine Landschaft voller Überraschungen und überwältigender Aussichten. In einem Flusstal gewinnst du mit dem Rauschen des schnell fließenden Wassers im Ohr langsam an Höhe. Du überquerst die Baumgrenze und rollst über die Alpweiden. Hier öffnet sich die Landschaft zum Duft von Hunderten von Wildblumen. Je weiter du kommst, desto steiler und schroffer wird die Landschaft. Im Augenwinkel schießen Murmeltiere davon und in der Ferne ist schon der Pass zu sehen. Während du dich dem Höhepunkt der Route näherst, spürst du die kühle Luft der Alpen im Gesicht und hörst den pfeifenden Wind zwischen den Gipfeln. Oben angekommen, bestaunst du die neue Landschaft und freust dich auf die wohlverdiente Abfahrt ins Tal.

Bevor du dich auf den Weg machst, empfehle ich, die Tourbeschreibungen sorgfältig zu lesen. In den Bergen lauern einige Gefahren. Zunächst einmal sind ein paar der Abfahrten und Anstiege sehr technisch und erfordern Erfahrung. Einige Passhöhen kannst du nur mit dem Fahrrad an der Hand oder auf dem Rücken überwinden, was viel Zeit kosten kann. Schau dir also immer die Wettervorhersage an und starte früh am Morgen. Sag jemandem Bescheid, welche Route du fährst. Wenn dir die Distanzen zu lang sind, kannst du die Routen aufteilen und eine Nacht in einer Unterkunft verbringen oder Campingausrüstung mitnehmen.

Ein Gravelbike mit mindestens 45-Millimeter-Reifen sollte für alle Strecken ausreichen. Für die technischen Abschnitte, auf denen du eventuell absteigen musst, und einige Abfahrten bietet ein Mountainbike mehr Komfort, aber die breiteren Reifen bremsen sowohl auf den unbefestigten als auch asphaltierten Anstiegen.

In den Sommermonaten weiden Schafherden hier im Hochgebirge. Die Schafe musst du nicht fürchten, aber du solltest dich vor den Hirtenhunden in Acht nehmen. Falls also eine Herde deinen Weg passiert, ist es am besten, abzusteigen und zu warten, bis die Schafe vorbeigezogen sind. Fast immer wird die Herde von mehreren Hunden bewacht, die darauf trainiert sind, Wölfe in die Flucht zu schlagen oder sie sogar zu töten. Stell dich daher nie zwischen die Herde und einen Hund und steig ab, sobald sich das Tier dir nähert. Stell das Fahrrad zwischen dich und den Hund und sprich leise mit ihm. Das beruhigt ihn und er akzeptiert deine Anwesenheit. Sobald der Hund dich wieder ignoriert, gehst du langsam weiter und steigst auf, wenn du an der Herde vorbei bist.

Ich lebe jetzt seit drei Jahren in Puy Saint Vincent am Rande des Écrins-Nationalpark und habe mich in die Gegend und all ihre Möglichkeiten verliebt. Ich hoffe, dass du dich bedacht auf den Weg machst und diese Routen genauso sehr genießt wie ich.

Bon voyage!